Monday, 30 May 2011

Reading Texts - Lesetexte

Ein Tisch ist ein Tisch

Peter Bichsel

Ich will von einem alten Mann erzählen, von einem Mann, der kein Wort mehr sagt,... Er wohnt in einer kleinen Stadt, am Ende derStrasse oder nahe der Kreuzung. Es lohnt sich fast nicht, ihn zu beschreiben, kaum etwas unterscheidet ihn von andern. Er trägt einen grauen Hut, graue Hosen, einen grauen Rock und im Winter den langen grauen Mantel,lll die weissen Hemdkragen sind ihm viel zu weit.

Im obersten Stock des Hauses hat er sein Zimmer, vielleicht war er verheiratet und hatte Kinder, vielleicht wohnte er früher in einer anderen Stadt. Bestimmt war er einmal ein Kind, aber das war zu einer Zeit, wo die Kinder wie Erwachsene angezogen waren. Man sieht sie so im Fotoalbum der Grossmutter... Auf einem kleinen Tisch (in seinem Zimmer) steht ein Wecker, daneben liegen alte Zeitungen und das Fotoalbum, ander Wand hängen ein Spiegel und ein Bild.

Der alte Mann machte morgens einen Spaziergang und nachmittags einen Spaziergang, sprach ein paar Worte mit seinem Nachbarn und abends sass er an seinem Tisch.

Das änderte sich nie... Und wenn der Mann am Tisch sass, hörte er den Wecker ticken...

Parantheses mean additions to the text and suspension points indicate deletions from the original text.

Peter Bichsel,  (born March 24, 1935, Lucerne, Switz.), Swiss short-story writer, journalist, and novelist known for his simple, self-conscious writing style and his emphasis on language and conjecture.
From 1941 Bichsel grew up in Olten, Switzerland. He graduated in 1955 from a teachers college in Solothurn and, after briefly serving in the military, taught elementary school until 1968. Thereafter he became a full-time writer. His early work was praised by the avant-garde Gruppe 47, a group of German-language writers who gave him their annual award in 1965. Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen (1964; And Really Frau Blum Would Very Much Like to Meet the Milkman) comprises 21 short stories, tersely written vignettes featuring characters who wait and speculate on mundane things.
Bichsel’s success continued with Die Jahreszeiten (1967; “The Seasons”), a novel about a writer’s frustrations. Kindergeschichten (1969; There Is No Such Place as America; also published as Stories for Children) is a volume of short stories about skepticism and miscommunication. Der Busant: Von Trinkern, Polizisten und der schönen Magelone (1985; “The Magpie: Of Drinkers, Policemen, and the Beautiful Magelone”) profiles eccentric characters. His magazine and newspaper columns, many of which were harshly critical of the Swiss government, were collected in Geischichten zur falschen Zeit (1979; “Stories at the Wrong Time”), Irgendwo anderswo (1986; “Somewhere Elsewhere”), and Im Gegenteil (1990; “On the Contrary”). (Quoted from: Encyclopedia Britannica online).

Auszug aus einem Lesebuch

Es war einmal ein Riese, der hatte grossen Hunger. Da setzte er sich an seinen riesengrossen Tisch vor seinen riesengrossen Teller. Seine Frau nahm den riesengrossen Topf vom riesengrossen Herd und füllte ihn mit Suppe auf; die ass er mit seinem riesengrossen Löffel.

Dann gab sie ihm ein Stück Fleisch aus einer riesengrossen Schüssel. Das ass er mit seinem riesengrossen Messer und mit seiner riesengrossen Gabel.

Danach ass er noch Pudding aus einer riesengrossen Schüssel. Dann war er satt.

Nun hatte er riesengrossen Durst. Da nahm seine Frau die riesengrosse Kanne und tat ihm Milch in seine riesengrosse Tasse. Weil er aber keine Milch mochte, wurde er sehr böse. Da setzte die Frau den riesengrossen Kessel auf und wollte Kaffee kochen, aber den mochte der Riese auch nicht. Da nahm er den riesengrossen Krug und stampfte aus dem Haus.

Ich weiss nicht, wohin er ging, denn er wurde nie mehr gesehen.


Der Radwechsel

Bertolt Brecht

Ich sitze am Strassenhang.
Der Fahrer wechselt das Rad.
Ich bin nicht gern, wo ich herkomme.
Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.
Warum sehe ich den Radwechsel
Mit Ungeduld?


Der Rauch

Bertolt Brecht

Das leine Haus unter den Bäumen am See.
Vom Dach steigt Rauch.
Fehlte er
Wie trostlos dann wären
Haus, Bäume und See.

Bertolt Brecht, original name Eugen Berthold Friedrich Brecht   (born Feb. 10, 1898, Augsburg, Ger.—died Aug. 14, 1956, East Berlin), German poet, playwright, and theatrical reformer whose epic theatre departed from the conventions of theatrical illusion and developed the drama as a social and ideological forum for leftist causes. (short excerpt from Encyclopedia Britannica online)


Hoffnung

Friedrich Schiller

Es reden und träumen die Menschen viel
von bessern künftigen Tagen.
Nach einem glücklichen Ziel
sieht man sie rennen und jagen;
die Welt wird alt und wird wieder jung,
doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
sie umflattert den fröhlichen Knaben,
den Jüngling locket ihr Zauberschein,
sie wird mit dem Greis nicht begraben;
den beschliesst er im Grabe den müden Lauf,
noch am Grabe pflanzt er  - die Hoffnung auf.

Er ist kein leerer schmeichelnder Wahn,
erzeugt im Gehirne des Toren,
im Herzen kündet es laut sich an:
Zu was Besserem sind wir geboren.
Und was die innere Stimme spricht,
das täuscht die hoffende Seele nicht.

Friedrich Schiller, in full Johann Christoph Friedrich von Schiller  (born Nov. 10, 1759, Marbach, Württemberg [Germany]—died May 9, 1805, Weimar, Saxe-Weimar), leading German dramatist, poet, and literary theorist, best remembered for such dramas as Die Räuber (1781; The Robbers), the Wallenstein trilogy (1800–01), Maria Stuart (1801), and Wilhelm Tell (1804). ... (51 of 2843 words from Encyclopedia Britannica)


Wanderers Nachtlied

Johann Wolfang von Goethe

Ueber allen Gipfeln
ist Ruh,
in allen Wipfeln
spürest du
kaum einen Hauch;
die Vöglein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
ruhest auch du.

Johann Wolfgang von Goethe,  (born Aug. 28, 1749, Frankfurt am Main [Germany]—died March 22, 1832, Weimar, Saxe-Weimar), German poet, novelist, playwright, statesman, and scientist.
In 1773 Goethe provided the Sturm und Drang movement with its first major drama, Götz von Berlichingen, and in 1774 with its first novel, The Sorrows of Young Werther, an extraordinarily popular work in its time, in which he created the prototype of the Romantic hero. In 1775 he arrived at Weimar, where he accepted an appointment to the ducal court; he would remain there for the rest of his life, and his presence helped to establish Weimar ... (100 of 12462 words from Encyclopedia Britannica)

Die rote Katze (Auszug)

Luise Rinser

Wie ich auf die Hauptstrasse komme, steht da ein amerikanisches Auto, so ein grosser Wagen, ein Buick, glaube ich, und da fragt mich der Fahrer nach dem Rathaus. Auf englisch hat er gefragt, und ich kann doch ein bisschen Englisch. "The next street", hab ich gesagt, "and then left and then" - geraudeaus hab ich nicht gewusst auf enlisch, das hab ich mit dem Arm gezeigt, und er hat mich schon verstanden. - "And behind the church is the market place with the Rathaus." Ich glaub, das war ein ganz gutes Amerikanisch, und die Frau im Auto hat mir ein paar Schnitten Weissbrot gegeben, ganz weisses, und wie ich's aufklapp, ist Wurst dazwischen, ganz dick..."

Luise Rinser,  German writer (b. April 30, 1911, Pitzling, Bavaria, Ger.—d. March 17, 2002, Unterhaching, Bavaria, Ger.), was a political activist and a prolific author of best-selling novels, essays, short stories, diaries, plays, travel journals, and children’s books. She qualified as a teacher in 1934 but lost her job in 1939 because she refused to join the National Socialist (Nazi) Party. She also was barred from writing after the publication of her first novel, Die gläsernen Ringe (1940; Rings of Glass, 1958). Imprisoned for treason in 1944, she was freed by the Allies, who gave her a job on the newspaper Neue Zeitung. Gefängnistagebuch (1946; A Woman’s Prison Journal: Germany, 1944, 1987), based on a journal she secretly kept in prison as she awaited execution, was one of the few published accounts of a Nazi prison from a woman’s point of view. Rinser was an outspoken critic of the arms race and supported German reunification and abortion rights; she ran for president of West Germany on the Green Party ticket in 1984.

No comments:

Post a Comment